Wie versprochen heute etwas mehr zum Zugfahren in Indien - ein echtes Abenteuer! Das Bahnnetz von Indien ist eines der groessten der Welt. Mehr als 115000 km umfasst das Schienennetz und taeglich fahren mehr als 20 Millionen Menschen mit dem Zug. Das macht etwa 7500 Millionen im Jahr. Die Bahn hier beschaeftigt ca 1,4 Millionen Menschen - Ihr koennt euch vorstellen, dass es in den Zuegen und auf den Bahnhoefen etwas turbulenter zugeht als bei uns... Wenn man das System erst mal durchschaut hat, ist es eigentlich ganz einfach. Man muss nur ordentlich Durchsetzungsvermoegen und Standkraft mitbringen und mit etwas Glueck bekommt man auch sein Ticket. Meine erste Bahnfahrt in Indien war die Strecke Agra - Udaipur und da war ich nicht alleine und das Ticket wurde vom Reisebuero organisiert - einfach! Wenn man dann aber auf sich allein gestellt ist, sieht das etwas anders aus. Mein erstes richtiges Bahnabenteuer hatte ich also in Bangalore. Von Kottayam in Kerala bin ich mit dem Nachtzug in 16 Stunden nach Bangalore gekommen und auch hierbei hatte ich Hilfe. George bei dem wir uebernachtet haben, hat mein Ticket ueber die Notfallquote online gebucht und mich dann auch noch zum Zug gebracht. Aber in Bangalore hat keiner geholfen. Na ja, ich lebe noch, aber es war interessant! Ich bin zum Hauptbahnhof gegangen um meine naechsten Tickets zu sichern. Da so viele Menschen Zug fahren, sind die Zuege haeufig rasch ausgebucht und dann kommt man auf ellenlange Wartelisten und das wollte ich gern vermeiden, denn ich finde es schrecklich bis kurz vor der Abfahrt nicht zu wissen, ob man einen Platz ergattert oder nicht. Weil ich es nicht besser wusste habe ich mich also brav in eine der Schlangen der 25 Schalter angestellt und schnell wurde klar, dass wenn man nicht auf der Hut ist und zur Not auch mal boese guckt oder die Ellenbogen ausfaehrt kommt man nicht zum Schalter, denn staendig und andauernd draengelt sich irgendeiner vor. Und die Inder haben absolut kein Verstaendnis von persoenlichem Raum - Abstand halten ist nicht! Als ich mich also bis zum Schalter durchgekaempft hatte, erfuhr ich, dass das die Schalter fuer die "General Admission" (die Allgemeinheit ohne Platzreservierung) ist. Ich hatte das zwar gelesen, aber nicht richtig interpretiert. Nun bin ich schlauer und weiss, das General nicht bedeutet das jeder hier sein Ticket bekommt sonder dass das die Tickets fuer die Wagons der untersten Klasse sind, wo man keine Sitzplatzgarantie hat und jeder um einen Platz kaempft.
Die Dame am Schalter meinte ich muesse ins Bahnhofsgebaeude an den Schalter. Dort das selbe in Gruen, viel Gedraengel fuer nichts - wieder der falsche Schalter, aber der Mann hatte die Geduld mir genau zu erklaeren, dass ich im anderen Gebaeude schon richtig war, aber ins Obergeschoss muss, wo man Tickets und Platznummern reservieren kann. Dort angekommen gab es wieder 20 Schalter mit viel zu vielen Menschen, aber es gab auch einen Ladies Schalter, also nur fuer Damen. Aber auch da ging es nicht wirklich weniger turbulent zu. Ich verstehe nicht, warum, wenn man schon ansteht, dann nicht einer nach dem anderen an den Schalter treten kann - nein es stuertzen immer mindestens drei Leute aufeinmal vor und quetschen sich dann nebeneinander und versuchen alle durch das kleine Guckloch mit dem Verkaeufer zu reden... Na ja, ich hatte online meine Wunschzuege mit entsprechender Zeit und Klasse rausgesucht. Es gibt zig verschiedene Klassen 1AC die erste Klasse mit Klimaanlage und Bett/Sitz, 2AC, 3AC, dann kommt Sleeper Class (Schlafklasse, mit Betten, aber ohne festen Platz bzw meist ueberfuellt und ohne Klimaanlage)... Ich bin bisher immer mit 3 AC gefahren und das ist ganz ok. Mann hat offene Wagons die in kleine Abteile getrennt sind mit jeweils 6 Betten, immer 3 uebereinander und dann nochmal 2 uebereinander entlang des Ganges. Man hat Klimaanlage und definitiv sein eigenes Bett. Ich habe ganz krasse Geschichten von Touristen gehoert, die mutig genug sind die Sleeper Class zu buchen. Gemma, mit der ich Kerala unterwegs war, hat zum Beispiel eine 40 Stunden Tortur mitgemacht. Sie hat kein anderes Ticket mehr bekommen und dachte ausserdem, dass sie so ein bischen Geld spart und hat die Sleeper Class von Kalkutta nach Kochi gebucht. Dann hat sie 2 Tage in einem Wagon verbracht, der 75 Betten hatte und mit 250 Leuten vollgepackt war. Die ersten zwei Stunden sass sie auf dem Boden neben den Toiletten, weil es absolut keinen Platz gab um irgendwie weiter in den Wagon durchzukommen, da ueberall Menschen waren. Dann hatte sie Glueck und konnte sich zu einem Bett durchkaempfen, dass sie sich dann mit 3 anderen Leuten 38 Stunden geteil hat. Und die Betten sind nicht wirklich gross.Wenn zwei normalgrosse Europaer sich gern haben, koennen die sicher mehr schlecht als recht zusammengekuschelt auf einem Bett Platz finden, aber das wars dann auch. Na ja, ich bin zu zimperlich fuer solche Experimente und versuche in den reservierten Klassen unterzukommen. Mein Zug war aber erst mal gestrichen und ausserdem habe ich die Formalitaeten nicht beachtet und wurde an den Auskunftsschalter verviesen. Wieder warten, neuen Zug erfragen, dann ordentlich ein Formular ausfuellen und zurueck zum Frauenschalter wieder Schlangestehen und dann welch Glueck ging es ganz schnell und ich hatte meine beiden Tickets! Am Tag drauf ging es dann 1. Klasse im normalen Zug mit Fensterplatz nah Mysore. Das Ticket fuer die zweistuendige Fahrt hat 4,60 EUR gekostet und kaum hatte ich Platz genommen, kam auch schon der erste Kellner und bracht Wasser und Tee. Dann kamen so was aehnliches wie die Crissini beim Italiener mit Butter, gefolgt von einer Tomatensuppe. Als Hauptgang gab es Reis mit Gemuesecurry - nicht schlecht fuer den Preis der in Berlin einmal S-Bahnfahren zahlen wuerde, oder? Meine naechste Fahrt ist dann am Montag wieder in der Schlafklasse mit eigenem Bett und die ca 15 Stunden kosten gerade Mal 10 EUR.
Blick auf die Gleise in Bangalore |
So nun nochmal ein kurzer Zeitsprung. Als ich Morgens in Bangalore mit den Zug aus Kerala ankam habe ich erstmal einen ordentlich indischen Streik miterlebt! Alles war tot. Keine Fussgaenger, kein Verkehr, keine Laeden und Restaurants, einfach nur Stille. Das ist extrem befremdlich in einer indischen Millionenstadt, wo eigentlich 24 Stunden am Tag das Chaos tobt. Nach einigen Fragen erklaerte mir dann ein netter Mitreisender, das gestreikt wird. Und wenn die Inder streiken, dann richtig. Es gibt Ausgangssperre und nicht mal das Fernsehen uebertraegt (ausser die wichtigsten Nachrichtensender, aber sonst nix - keine Musik, keine Unterhaltung, keine Filme). Ich hatte dann einige Probleme ein Taxi und eine Unterkunft zu finden, den ales war zu. Als ich durch die Stadt fuhr, war das irgendwie wie in einem dieser komischen Gruselfilme, wo alles tot ist und dann Zombies aus irgendwelchen Loechern gekrochen kommen... sehr komisch. Also habe ich meinen Tag im Hotelzimmer mit einer alten Zeitung und meinem Buch verbracht und war froh, dass ich noch ne Banane und Kekse einstecken hatte. Am Abend dann hat aber doch noch das Hotelrestaurant aufgemacht und eine kleine Auswahl an Gerichten angeboten. Nachts ging es dann noch mal rund. Laute Proteste und so weiter. Und am Sonntag gibts das gleiche nochmal hier in Mysore. Habe ichheute morgen in der Zeitung gelesen und ich habe auch endlich erfahren worum es eigentlich geht. Karnataka (der Bundesstaat in dem Bengalore und Mysore liegen) wehrt sich dagen, Wasser an Tamil Nadu im Sueden abzugeben! Es ist verrueckt, dass hier schon innerhalb eines Landes um Wasser gestritten wird, aber der Monsun dieses Jahr hat kein Wasser gebracht. Ueberall klagen die Menschen, dass es nicht genuegend geregnet hat.
Am naechsten Tag war dann aber Gott sein dank alles wieder normal und ich konnte doch noch ein bischen was von Bangalore sehen.
das ganz normale Verkehschaos |
Blick aus meinem Hotelfenster - der Greifvogel war mein Nachbar... |
Tja und nuin bin ich schon in Mysore, das beruehmt ist fuer seinen Palast, seine Seide und sein Sandelholz. Als ich im Palast unterwegs war, habe ich aus der Ferne einen Elefanten gesichtet und beschlossen, den mal zu besuchen. Nachdem ich ueber wenig offiziele Wege an ein paar Wachen vorbeigeschlichen bin, fand ich mich mitten im Elefantenstall wieder und durfte dann sogar ganz nah dabei sein und zuschauen, wie die Elefanten gebadet wurden. Naechste Woche beginnt hier ein Festival und dafuer mussen die Paradeelefanten schick gemacht werden. Schade, dass ich das verpasse!
Bis demnaechst eure Katrin
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen