Donnerstag, 21. Juni 2012

Was kostet ein Kinderlaecheln...

Wie Ihr seht, ist heute Computertag und ich moechte euch unbedingt noch von einer ganz besonderen Begegnung erzaehlen. Als Jakob, Lea und ich mit unseren Fahrraedern um Angkor Wat unterwegs waren, beschlossen wir dem Touristentrubel ein bischen zu entfliehen und bogen auf einen Feldweg ein, der laut unserer Karte zu einem kleinen, etwas abgelegenen Tempel fuehren sollte. Wir wollten schon aufgeben, denn wir sind eine ordentliche Strecke geradelt und die Hitze war echt unertraeglich um die Mittagszeit, als wir an einer Kreutzung einen Jungen trafen, den wir fragten, ob wir auf dem richtigen Weg seien. Sein Name war Wat und er bestaetigte, dass wir richtig waeren und es auch nicht mehr weit sei. Ausserdem muesse er auch in diese Richtung und so radelten wir zu viert weiter. Unterwegs kamen wir ins Gespraech. Wat stellte uns ganz viele Fragen ueber Daenemark, Deutschland und Europa und es war echt faszinierend, wie viel ihm durch den Kopf ging. Wir hatten lange die Touristen hinter uns gelassen und fuhren mittlerweile durch ein kleines, sehr armes Dorf. Und jedes Kind unterwegs winkte uns zu und sagte Hallo. Unsere Anwesenheit war ein echtes Highlight. Irgendwann bogen wir dann ab und der Weg wurde noch holpriger und am Ende standen wir vor riesen Reisfeldern, auf denen auch Kuehe grassten und Wat erklaerte uns, dass der Tempel, den wir suchten inmitten der Felder liege. Also - gesagt getan, ab durchs Wasser und die Felder und noch ein wenig spaeter gelangten wir zu einer kleinen Insel. Hier waren wir dann die Touristenatraktion und alle Bauarbeiter, die eigentlich damit beschaeftigt waren, den ziemlich zerstoerten Tempel wieder in Ordnung zu bringen beschauten uns neugierig. Bei einer Pause im Schatten waren wir an der Reihe und fragten Wat ein bischen aus. Er ist 21 Jahre und lebt in dem kleinen Dorf, welches wir vorhin durchquert hatten. Um sein Leben zu bestreiten verkauft er mit seiner Mutter Holz. Sein Vater war Soldat im Buergerkrieg und ist vor zwei Jahren gestorben.Seine Schwester arbeitet in Siem Reap als Strassenfegerin und seine zweite Schwester, erklaerte er uns stolz, besuche die weiterfuehrende Schule. Er selbst besucht eine Schule in Siem Reap und macht einen Kurs um Englischlehrer zu werden. Der Kurs geht ueber zwei Jahre und er geht immer, wenn er mit dem Holzverkaufen fertig ist, fuer zwei Stunden zur Schule. Das kostet ihn 30 US$ im Monat, was fuer die Verhaeltnisse in Kambodscha ein kleines Vermoegen ist. Um Holz verkaufen zu koennen faehrt er mit seinem Ochsenkarren mehrere Stunden in einen kilometerweit entfernten Wald, verbringt dort dann mehrere Tage mit dem Schlagen und Buendeln des Holzes um dann zurueck in sein Dorf zu fahren. Aber seine groesste Leistung ist eigentlich, dass er trotz der wenigen freien Zeit, die ihm bleibt, Kindern in seinem Dorf Englisch beibringt. Auf dem Weg zurueck machten wir an einem kleinen "Supermarkt" (eine Holzhuette mit mehreren Kisten von wild zusammengewuerfelten Leensmitteln) stopp und kauften ein paar Getraenke und dann gingen wir mit zu Wat nach Hause. Sein Zuhause besteht aus einer Holzhuette, die aus einem einzigen Raum besteht. Es gibt keinen Strom und kein fliesendes Wasser. In einer Ecke der Huette war eine kleine Kochstelle. Insgesamt gab es 3 Toepfe und ein bischen spaerliches Geschirr. Der Raum war durch einen Vorhang geteilt. Hinter dem Vorhang schlafen seine Mutter und Schwestern und vor dem Vorhang schlaeft er. Moebel gab es keine. Hinter der Huette praesentierte er uns dann stolz "seine Schule". An der Wand der Huette war eine schaebige Tafel befestigt und als Schulbank dienten 3 Holzbretter, die auf je zwei Ziegelsteinen lagen. Wir drei waren uns ziemlich schnell einig, dass wir ihn noch einmal besuchen wollten und mit den Kindern zusammen Unterricht haben wollten und so vereinbarten wir einen erneuten Besuch am uebernaechsten Tag zur Englischstunde. In Siem Reap gingen wir dann vor unserem naechsten Besuch Schulsachen einkaufen und fuer 30 $ kauften wir einen grossen Stapel Schreibhefte, eine Grosspackung Bleistifte, Bleistiftspitzer, Radiergummis, Tafelstifte und ein Oxfordwoerterbuch ausserdem ein paar Suessigkeiten. So ausgestattet machten wir uns am uebernaechsten Tag auf den Weg. Als wir ankamen waren schon ca. 20 Kinder vor Ort und bauten eifrig die Schulbaenke auf. Dann nahmen wir Platz und der Unterricht begann. Es war absolut unglaublich mit welcher Leidenschaft und Freude diese Kinder bei der Sache waren und wie stolz sie waren, als sie mit uns ihr Englisch ueben konnten. Hier bedeutet zur Schule gehen koennen, auch wenn es nur hinter einer Huette auf Holzbrettern ist, so viel mehr, als bei uns. Die Kinder waren alle unterschiedlich alt und von vier Jahren bis 13 Jahren, waren alle Altersgruppen vertreten. Ganz viele Kinder waren nicht komplett angezogen, einige waren ganz nackt. Fast alle waren ziemlich schmutzig und ich bin mir sicher, dass einige auch die ein oder andere Laus hatten. Wir wurden sofort aufgenommen in die Runde und alle waren total aus dem Haeuschen, denn viele hatten noch nie einen echten weissen Menschen gesehen. Wir fragten, ob sie uns ihr Lieblingsspiel zeigen wollen und ehe wir uns versahen, waren wir am Rennen. Und weil wir natuerlich die Attraktion waren, waren wir die ganze Zeit dran, so dass wir recht schnell aus der Puste waren. Lea beschloss also, dass wir etwas spielen muessten, wo keine Rennerei im Spiel war und so brachten wir den Kindern ein Spiel bei, das im Kreis sitzend gespielt wird. Dabei legt man seine rechte Hand auf die linke Hand seines rechten Nachbarn und seine linke Hand geht unter die Rechte des linken Nachbarn. Eh das allen klar war verging eine Weile und die naechste tolle Entdeckung musste auch noch ausgewertet werden - unsere superweissen Handflaechen waren der Hingucker und Anfasser! Dann ging es weiter im Spiel und waehrend ein Lied gesungen wird, welches die Kinder ziemlich schnell drauf hatten, muss man immer seinen Nachbarn abklatschen bis man zu der Stelle im Lied kommt, wo von 1 bis 5 gezaehlt wird. Der jenige der die 5 abbekommt, muss seine Hand ganz schnell wegziehen, sonst ist er raus. Ganz simpel aber tierisch lustig. Am tollsten fand ich die Tatsache, dass die Kinder uns mit so viel Interesse und Begeisterung aufgenommen haben und nichts von uns erwarteten. Einfach nur das miteinander Spielen und Lachen war ihnen genug. Und es war unglaublich die vielen strahlenden Gesichter zu sehen. Als es Zeit war zu gehen holten wir dann die Geschenkt, die wir im Tuk Tuk gelassen hatten, weil wir eben sehen wollten, wie die Kinder uns ohne dass wir ihnen etwas geben aufnehmen und dann war praktisch Weihnachten. Ich habe noch nie so viel Freude gesehen ueber so einfache Sachen, wie einen neuen Bleistifft. Auch Wat wusste gar nicht was er sagen sollte zu seinem neuen Woerterbuch und den Tafelstiften. Es war einfach nur schoen. Auf dem Weg nach Hause haben wi dann auch noch ein Lob von unserem Tuk Tuk Fahrer bekommen, der uns die ganze Zeit mit einer Schar anderer Schaulustier aus dem Dorf beim Spielen mit den Kindern beobachtet hatte. Er sagte, dass er sehr dankbar sei, dass es auch viele gute Touristen gaebe. Und er fande, dass es unbezahlbar sei, was wir heute gemacht haetten - den Kindern einfach nur unsere Zeit und ein Laecheln geschenkt zu haben. Das war so ein tolles Gefuehl nach all den Tagen in den Tempeln und in Siem Reap, wo man unzaehlige kleine Kinder wieder und wieder abweisen muss, weil sie einem Sachen verkaufen wollen oder muessen und an all den bettelnden Frauen mit kleinen Babies vorbeilaufen muss. Die Welt ist ungerecht und wenn ihr auch nur ein paar Euro uebrig habt (und wenn ihr ehrlich seid, hat die jeder, auch wenn wir immer denken, dass es uns so schlecht geht und alle anderen mehr haben als wir...), dann spendet an eine gute Organisation oder unterstuetzt ein Kind in einem Dritteweltland! Denn wir koennen mit so wenig, so viel fuer diese Kinder tun.

Und nun die Weltneuheit - ich habe versucht euch zwei Videos hochzuladen, damit ihr euch ein Bild von dem Ganzen machen koennt - ich bin mir nicht sicher, ob es funktioniert...





etwas unscharf... oben im Bild seht ihr Lea und
ich habe mich gut verkleidet unten rechts mit traditionellem Schal
Wat im Reisfeld
unsere Raeder auf dem Feld

das Lieblingsspiel - Fange auf kambodschanisch




1 Kommentar:

  1. Hallo Katrin,

    das hast du toll gemacht und sehr schön geschrieben. Ich fand es war eine sehr schöne Erzählung, fast schon ein kleines Märchen. Viel Spaß weiterhin Mutter Teresa :)

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